Bericht 11: Wadi Halfa - Khartoum 13.11.07 - 30.11.07; Kilometer: 6055 - 7100;

Vom Hafen aus waren es ungefähr zwei Kilometer in den Ort Wadi Halfa. Durch die Aufstauung des Nils ist das alte Wadi Halfa in den Fluten versunken. In sicherer Höhe ist ein neuer Ort entstanden, der den Anschein macht, nur von den wöchentlich Durchreisenden belebt zu werden. Ein bisschen kommt man sich wie im „Wilden Westen“ vor, wenn man einen großen Bahnhof inmitten der Wüste sieht und ein paar hundert Meter weiter sich ein paar Häuser an einer imaginären Straße entlang schlängeln. Für uns heißt es gleich das Registrierungsbüro aufsuchen und die erste Bürokratie im Sudan zu erleben. Von einem Büro werden wir ins Nächste geschickt, bekommen Formulare, müssen Passbilder abgeben, den Pass kopieren und irgendwann dürfen wir dann ins Büro vom Chef. Hier steht ein großer Fernseher, auf dem er über Satellit einen Pay-TV Kanal anschaut. Wenn das Fernsehprogramm es erlaubt und er nicht auf seinem Handy angerufen wird, widmet er sich uns und füllt einen Interviewbogen aus. Danach nimmt uns im nächsten Büro ein Beamter 27 US Dollar ab und klebt genüsslich zehn Briefmarken auf den Bogen, die er vorher mit seiner Zuge befeuchtet hatte. Im nächsten Büro wollen diesmal zwei Beamte 8 US Dollar und stempeln dafür einen weiteren Stempel in den Pass. Jetzt werden wir noch ein weiteres Mal zum Chef geschickt. Mittlerweile schaut er sich die Premiere League Spiele vom letzten Wochenende an. Die schönen Briefmarken streicht er zufrieden durch und unterschreibt auf dem Stempel im Pass. Jetzt will er wieder seine Ruhe haben, schickt uns mit den Worten „finish“ nach draußen. Heute hat er genug gearbeitet, um sich sein schönes Büro zu finanzieren. Nach nur zwei Stunden haben wir es geschafft und sind im Sudan registriert.

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Das Hotel gehört eher zu der einfachen Kategorie, wobei man aber nicht wählen kann. Es gibt nur diese Kategorie. Nach einer kurzen Begutachtung der Zimmer beschließen wir, die Betten, die draußen im Freien stehen zu nehmen, da haben wir zumindest frische Luft und Regen ist für die nächsten Jahre eh nicht gemeldet.

Am nächsten Tag machen wir uns mit der aufgehende Sonne auf den Weg durch die Nubische Wüste in Richtung Dongola. Die Taschen sind prall gefüllt mit 13 Liter Wasser und Essen für die nächsten Tage. Wir wissen nicht so recht was uns erwarten wird. Im Internet haben wir ein Roadbook über diese Strecke gefunden, in dem genau die Orte aufgelistet sind, wo wir wieder Wasser bekommen können. Über den Zustand der Piste steht nur „very bad“ und „sandy“ geschrieben. (Ich habe das Roadbook aktualisiert und es gibt es hier zum herunterlanden)

Am ersten Tag ist die Piste noch erstaunlich gut. Zwischendurch gibt es sogar ein paar asphaltierte Abschnitte der Neubaustrecke. Die Piste schlängelt sich abseits des Nils durch eine kleine Berglandschaft. Immer wieder haben wir tolle Ausblicke und können so die Wüste in vollen Zügen genießen. Die Freude über die gute Piste vergeht uns am zweiten Tag. Hier kann man erleben in welcher Qualität sich Pisten befinden können. Am meisten belastend sind die sandigen Abschnitte, in denen man das Fahrrad mit aller Kraft in Zeitlupe durch den tiefen weichen Sand wuchtet. Zum Glück sind diese Schiebepassagen relativ kurz und es gibt „Waschbrett“ auf dem man mit meistens unter 10 km/h wenigstens dahin holpern kann. Die einem „Waschbrett“ ähnelnde Piste entsteht durch die Stoßdämpfer der Fahrzeuge und der Unterschied zwischen Berg und Tal kann schon mal mehr als 10 Zentimeter betragen. Aber die Landschaft entschädigt für alles: schwarze Basaltberge, weißer Sand und vereinzelt erblickt man mal einen kleinen Baum, der etwas von dem spärlichen Wasser im Boden ergattern konnte.

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Nach ca. 100 Kilometern erreichen wir die erste Oase und werden von den Sudanesen freundlich empfangen. Zu Essen gibt es Fuhl und Addis. Fuhl ist eine Bohnenpampe, die mit Brot gegessen wird und Addis ist eine Art Erbsensuppe, in der altes Brot aufgelöst wird und auch mit Brot gegessen wird. Dies ist unser Lieblingsfrühstück geworden. Dazu gibt es Tee und kalte Pepsi aus der Gefriertruhe. Hier können wir auch unsere Wasservorräte wieder auffüllen. In großen Tonkrügen finden wir eine trübe Brühe. Andere Radfahrer haben davon schon geschrieben und gemeint, die grau braune Flüssigkeit wäre trinkbar und aufbereitet. Wir fragen doch mal nach und die Antwort kommt prompt und direkt: „river!“ Mein Vater hat mich noch vorher gewarnt: „Dass Du mir ja nicht im Nil schwimmst!“ „Nein, Papa, das ganz bestimmt nicht, ich trinke das Wasser nur!“ Zur Vorsicht geben wir Micropur bei und füllen so unsere Flaschen wieder auf. Nach einiger Zeit haben wir feine Unterschiede in der Wasserqualität herausgefunden. Es gibt drei Unterteilungen: „Lemon-juice“, „Mango-juice“ und „Kakao“. Vom Kakao haben wir die Finger gelassen und ihn nicht einmal zum Waschen benutzt - wir wollen schließlich sauberer werden.

In den Nächten zelten wir in der Wüste und genießen die Einsamkeit und Ruhe. Nur ein paar Meter von der Piste entfernt schlagen wir unsere Zelte auf. Der Kocher wird angeschmissen und es gibt Tee und Nudelsuppe.

 

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Umso weiter wir nach Süden kommen, nimmt die Bevölkerungsdichte zu und auch der Verkehr auf der Straße. Dies führt aber auch dazu, dass die Piste immer besser wird und schließlich ab Dongola bis Khartoum asphaltiert ist. Mit dem immer noch anhaltenden starken Nordwind, der mir seit Kairo treu ist, kommen wir gut voran und fahren ohne große Anstrengung jeden Tag über 150 Kilometer bis nach Khartoum.

In Khartoum folge ich der Einladung in den Deutschen Club und genieße hier den Pool und den Garten. Auch wenn ich in den ersten Tagen von den Annehmlichkeiten nicht so viel nutzen kann, da ich von früh bis zum Nachmittag auf Botschaften meiner nächsten Reiseländer verbringe, ist es schön, sich am Abend in Ruhe in einen Garten zu setzten.

Wie meine weitere Route genau aussehen wird, kann ich noch nicht sagen. Es wird sich in den nächsten Wochen herausstellen, ob ich ein geeignetes Schiff in den Jemen finden werde. Aber wie sagt man hier so schön: „In Shalah!“
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